Donnerstag, 12. August 2010

Historisches Datum und dennoch ein historischer Irrtum

In diesen Tagen wird auf Zypern - vor allem im griechischen Süden - aufmerksam gemacht auf ein historisches Ereignis: Im August 1960, also vor genau einem halben Jahrhundert, wurde die Republik Zypern gegründet. Dieser Staat aber ist nicht mehr die "Republik Zypern", die heute existiert. Zwar machen die griechischzyprischen Verantwortlichen dies geltend und sehen einen Fortbestand der Republik von 1960, dennoch brach diese bereits drei Jahre nach der Proklamation auseinander. 1960 verließen die Briten die Insel und übergaben ihre ehemalige Kolonie einem ungewissen Schicksal. Präsident Makarios III. hatte nicht das Interesse daran, die damals von allen Seiten unterschriebene Verfassung der Partnerschaftsrepublik zu respektieren. Sein und das Ziel der zyperngriechischen Führung war es, den Anschluss Zyperns an Athen umzusetzen. Dieses Ziel (Streben nach "Enosis") verfolgte die griechischzyprische Seite seit 1955 mit Waffengewalt. Die Verfassung Zyperns sah zwei politisch wie gesellschaftlich gleichberechtigte Partner vor. Die Verfassung garantierte dem zweiten Staatsvolk der Zyperntürken eine Anzahl an Posten in der Verwaltung und sah getrennte Abstimmungen im Parlament vor um so Sicherheit zu gewähren, dass die zahlenmäßig kleinere Volksgruppe nicht übergangen werden konnte. Nur drei Jahre nach Gründung dieser Partnerschaftsrepublik begann die inselgriechische Führung einen bis dahin geheimen Plan ("Akritas-Plan") in die Tat umzusetzen. Dieser sah vor, schrittweise die türkische Beteiligung am Staat zu minimieren und auf Dauer die Union mit Griechenland umzusetzen. Im November 1963 schlug Makarios III. vor, die Verfassung zu ändern. Das Resultat war eine rein griechisch dominierte Regierung Zyperns. Im griechischen Teil behauptet man weiterhin, es sei zu einem selbstverschuldeten "Auszug" der türkischen Zyprer gekommen, die auf Anweisung der türkischen Führung die politische Partizipation aufgab, um so die Teilung zu erreichen. Gleichzeitig kam es zu schweren Übergriffen auf die türkische Volksgruppe, die sich in Ghettos und Enklaven flüchtete. Auf Zypern entstand notgedrungen eine türkische Parallelverwaltung, die VN entsandten Blauhelmtruppen. Zypern war 1964 administrativ geteilt, die Republik, die heute angeblich ihren 50. Geburtstag feiert, war begraben. Es gelang der inselgriechischen Führung jedoch, den Fortbestand aufrecht zu erhalten und als alleinige Regierung Zyperns zu agieren. Bis heute sieht sich die Regierung der Inselgriechen als "Regierung Zyperns", gibt vor, die TRNC wäre "besetztes Gebiet der Republik Zypern" und fordert die Aufgabe des türkischzyprischen Anspruchs auf Selbstverwaltung. Für die Türken Zyperns ist der 50. Jahrestag der Gründung der Republik Zypern ein wichtiger Anlass auf die "kurze Zeitspanne hinzuweisen, in der diese Partnerschaft gehalten hat", betonte TRNC-Repräsentant Piller in diesem Zusammenhang. "Nur wer sich dessen bewusst wird, kann die Lage der Menschen im Norden besser verstehen und akzeptieren, warum eine politische Gleichberechtigung beider Volksteile nicht verhandelbar sondern im Grunde gegeben sein muss."