Sonntag, 19. Juli 2009

Zyperntürken feiern Tag der Intervention

Während im inselgriechischen Teil demonstrativ die Sirenen heulen um an den türkischen "Überfall" von vor 35 Jahren zu gedenken, wird der Tag an dem der damalige türlkische Premier Ecevit Truppen auf Nordzypern anlanden will, symbolisch als Gedanktag an die "Friedensoperation" bezeichnet. Irgendwo in der gefühlten Mitte dürfte die Realität liegen. Sicherlich ist es für die Zyperngriechen eine Verwundung gewesen, dass das seit 1963 von ihnen allein beherrschte Zypern, indem die türkische Volksgruppe bei weitem nicht (mehr) die Rolle einnehmen konnte, die ihr nach der Verfassung zugebilligt worden ist, nun auch geographisch geteilt wurde. Die zahlreichen griechischzyprischen Binnenflüchtlinge in Richtung Süden sind ein schmerzvoller Beleg. Jedoch wird aus dieser Sicht verkannt, dass die inseltürkische Bevölkerung bereits zehn Jahre zuvor im Rahmen kleinerer paramilitärischer Operationen überall auf der Insel aus den angestammten Dörfern vertrieben wurden. Wird nun verhandelt und dabei die Frage von Landrückgaben diskutiert, spielt die Enteignung der türkischen Zyprer keine oder nur eine sehr geringe Rolle. Es ist der zyperngriechischen Seite gelungen, weltweit das Zypernproblem auf eine angebliche "Invasion" türkischer Truppen mit der anschließenden "Okkupation" des Inselnordens zu reduzieren. Dass im Norden der Tag des Truppeneinmarsches als "Friedensoperation" gefeiert wird, hat aber viel mit der tatsächlichen Lage auf Zypern im Sommer 1974 zu tun. Für die meisten Zyperntürken erschien der Truppeneinmarsch eine wirkliche Befreiung, denn seit mehr als zehn Jahren lebten sie mehr oder minder isoliert (in den Anfangsjahren nach den Auseinandersetzungen 1963 waren sie sogar vom Präsidenten Restzyperns, Makarios III., mit einem wirtschaftlichen Boykott belegt worden und völlig von Hilfsmaßnahmen aus der Türkei abhängig). Im Sommer 1974 brachte der Junta-Putsch einen Radikalen an die Macht, der die Union zwischen Zypern und Athen vollziehen und damit die Existenz der Zyperntürken weiter gefährden würde: Nicos Sampson. Die Lage auf der Insel spitzte sich für die türkischen Zyprer innerhalb von wenigen Tagen dramatisch zu, selbst Makarios, der den Putsch überstand, sprach ironischerweise von einer "griechischen Invasion". Ankara handelte im Rahmen des Garantievertrags und landete mit Truppen auf Zypern. Seitdem ist Zypern auch geographisch zweitgeteilt, das Blutvergießen jedoch konnte beendet werden. Noch immer ist die türkische Armee auf der Insel stationiert und stellt für die meisten Inseltürken eine unverzichtbare Sicherheitsgarantie dar. Auch dies ein Grund, warum im Norden Zyperns der 20. Juli ein Feiertag ist. Präsident Mehmet Ali Talat betonte jedoch zugleich, dass eine Lösung noch in diesem Jahr gefunden werden solle und die Ergebnisse der Verhandlungen im Frühjahr 2010 den Volksteilen zur Abstimmung vorgelegt werden sollten. Eine Lösung, so Talat brächte den beiden Teilen große Vorteile. Unterdessen jedoch, so berichtet die Internetplattform Northcyprus.de unter Berufung auf die Zeitung "Politis", habe der zyperngriechische Erzbischof erneut politisch Forderungen gestellt, die erfüllt werden müssten, wenn es zu einer Einigung kommen solle. Dabei gehe es um den sofortigen Abzug aller türkischen Truppen sowie die Rücksendung aller türkischer Einwander vom Festland. Im türkischen Norden wird die Einmischung der zyperngriechischen Kirche in politische Entscheidungen scharf kritisiert, denn sie enge den Verhandlungsspielraum von Präsident Christophias ein. Zudem wurde von türkischer Seite bemerkt, dass im Zuge der Diskussion über die Rückführung türkischer Siedler niemals die Rede davon sei, auch festlandsgriechische Bewohner Südzyperns zurückzuführen. "Dies freilich", so betont TRNC-Repräsentant Uli Piller, "ist und bleibt eine theoretische Diskussion, weil Südzypern und Griechenland EU-Staaten sind, dennoch kann die Forderung Südzyperns nicht lauten, Familien zurücksenden zu wollen, die seit dreieinhalb Jahrzehnten ihr Heim auf Zypern haben."