Mittwoch, 22. April 2009

Wahlanalyse

Die konservative UBP hat die Wahl auf Nordzypern gewonnen. Wie in einem Chor heißt es einstimmig in den Medien hierzulande, der Wahlsieg der "Nationalisten überschatte" die Gespräche zwischen Zyperngriechen und -türken. Die freie Wahlentscheidung der Zyperntürken wird wenig akzeptiert, der politische Standpunkt der UBP kaum analysiert bzw. aus der Historie heraus anerkannt. UBP-Chef Eroglu hat bereits nach der Wahl verdeutlicht, dass er die Verhandlungen zwischen Talat und Christophias weiterhin unterstützt. Allerdings und das ist das Recht der Regierungspartei, sollte die Regierung die Gespräche begleiten. In Deutschland erledigt auch die Kanzlerin die Geschäfte und nicht der Bundespräsident. Auf Nordzypern ist dies mit Ausnahme der Verhandlungsführung in der Zypernfrage verfassungsrechtlich nicht anders. Dass nun Ankaras EU-Annäherung in Gefahr gerät, weil Nordzypern einen "Rechtsruck" erlebt habe, wie dies in manchen Quellen angedeutet wird, hat etwas Bizarres. Einerseits werden Kritiker nicht müde, die Einflussnahmen der Türkei auf Nordzypern zu geißeln. Andererseits scheint man genau dies zu erwarten, wenn man nun eine Verquickung zwischen Wahlausgang auf Nordzypern und türkischer EU-Politik heraufbeschwört. Die EU hat dieses Wahlergebnis selbst gefördert. Sie hat immer wieder die Öffnung türkischer Häfen für zyperngriechische Schiffe gefordert und dies als Prämisse für den Erfolg des türkischen EU-Beitritts bezeichnet. Die eigenen Versprechen gegenüber den Zyperntürken - Handelserleichterungen nach dem Annan-Referendum 2004 - wurden seit über fünf Jahren nicht eingelöst. Die Türkei selbst ist in einem Dilemma. Sie kann auf Nordzypern Einfluss nehmen, darf dies aber nicht, will sie die Selbstständigkeit der TRNC nicht einschränken. Staatspräsident Abdullah Gül hat nach dem Wahlausgang verdeutlicht: Ankara unterstützt Talat und seinen Kurs auch weiterhin. Auch Eroglu kam nicht umhin zu unterstreichen, dass die Ansichten seiner Partei sich mit dem Vorgehen der Präsidentschaft und der Türkei decken. Nun muss man den Beteiligten aber die Chance geben, sich zu bewähren. Die UBP wird eine handlungsfähige Regierung bilden, die sich vor allem mit innenpolitischen und ökonomischen Fragen befassen wird. Gleichzeitig wird man vorsichtig das Taktieren im griechischen Süden beobachten müssen. Denn niemand hat erwähnt, dass der UBP-Sieg einigen politischen Kräften in der Republik Zypern durchaus recht ist, um nun das alte "Schema" vom Scheitern-auf-Grund-türkischer-Starrhalsigkeit wieder ins Leben rufen zu können.
Uli Piller, TRNC-Repräsentant München